Tomojirō Ikenouchi

*  21. Oktober 1906

†  9. März 1991

von Heinz-Dieter Reese

Essay

Als letzte, nur in Abschrift erhaltene Komposition Ikenouchis gilt sein Koi no omoni [Die Last der Liebe, 1974] für gemischten Chor, Sologesang (Bariton) und Pauken. Hier griff er erneut Texte aus einem Nō-Spiel, diesmal von Zeami Motokiyo (c. 1363–c. 1443), auf. Der Einsatz einer Männerstimme entspricht der Hauptfigur des Stücks, einem alten Gärtner am Kaiserpalast, der sich unstandesgemäß in eine Hofdame verliebt hat und aus Groll über die Zurückweisung in den Tod geht. Die Pauken als einzige instrumentale Begleitung deuten darauf hin, dass Ikenouchi auf die von Trommelspiel dominierte traditionelle Nō-Musik anspielt, die ihm aus seiner Jugendzeit vertraut war.

Dass Ikenouchis kompositorisches Œuvre in der zweiten Hälfte seines Lebens vergleichsweise klein geblieben ist, hat wahrscheinlich mit dem Umstand zu tun, dass er sich auf andere, v.a. seine musikpädagogischen und musikschriftstellerischen Aktivitäten konzentrierte. Mit Aufnahme seiner Tätigkeit als Professor für Komposition an der Tōkyō Geijutsu-daigaku widmete er sich der Aufgabe, die bis dahin weitgehend unsystematische Fachdidaktik auf feste Grundlagen zu stellen. Nach dem Vorbild des Pariser Conservatoire führte er die »écriture musicale« mit ihrer umfassenden Vermittlung der Grundlagen der westlichen klassischen Musik (u.a. der tonalen Harmonielehre, des Kontrapunkts, der Instrumentation und ...